Dienstag, 5. November 2013

Merlot, sortenreiner Wein im Languedoc

Wie Merlot vom traditionellen verschnittenen Wein im Languedoc zum sortenreinen Wein wurde


Wie Merlot vom traditionell verschnittenen Wein im Languedoc zum sortenreinen Wein wurde. Das erste, was bei der Rebsorte Merlot auffällt, ist ihre schöne, tief dunkelrote Robe. Die Romantiker unter den Weinliebhabern meinen, ihr Name hinge mit ihrer Farbe zusammen und enthielte eine Anspielung auf das dunkle Kleid der Amseln - Merlot heißt "kleine Amsel" in okzitanisch, der Sprache des Languedoc. Andere, weniger romantische Kenner der Weine behaupten, man hätte der Rebe ihren Namen gegeben, weil die Vögel so gern an ihren Trauben pickten...

Jedenfalls unterstützt der Name die Theorie, dass Merlot ursprünglich aus dem Languedoc stammt. Die erste offizielle Nennung der Weinrebe erfolgte jedoch im 18. Jahrhundert in der Region von Bordeaux, wo Merlot-Wein eine seiner ersten Auszeichnungen erhielt.

Traditionell wird Merlot in Frankreich mit verschiedenen anderen Weinen verschnitten, in Bordeaux zum Beispiel vorwiegend mit Cabernet Sauvignon, der oft ein sehr starkes Tannin entwickelt, das durch Merlot, das heißt durch seinen niedrigen Tannin-Gehalt und der dünnen Haut der Trauben, verfeinert werden kann. Dazu kommt, dass Merlot den Weinen eine sattere rote Farbe verleiht.

Ein anderer interessanter Charakterzug von Merlot ist, dass er nicht nur früh reif wird, sondern auch schnell überreif. Wenn man ihn eher ein wenig zu früh einbringt, bleibt die natürliche Säure des Weines erhalten - was zum Beispiel einen wichtigen Geschmacksfaktor in den Weinen von Château Pétrus ausmacht. Andere Weinproduzenten ziehen es jedoch vor, die Traube überreif werden zu lassen, damit sie ihren fruchtigen Geschmack voll entwickeln kann. Dieser Unterschied in der Zeit der Weinlese ist eins der "Geheimnisse" der unterschiedlichen Geschmäcker von Merlot.

Während man in Frankreich weitgehend auf die Tugenden des "puren", das heißt unverschnittenen, Merlot verzichtet hat, war es in einigen anderen Ländern üblich, ihn als sortenreinen Wein zu behandeln. Kalifornien gehörte zu den Weinbauländern, in denen Merlot lange nur sortenrein gekeltert wurde - bis Warren Winiarski auftauchte.

Nach Studien an der Universität von Chikago und in Italien hatte sich der junge Warren Winiarski davon überzeugt, dass ihn die Wissenschaft nicht wirklich fesseln konnte. Was ihn interessierte und faszinierte war der Weinbau. So ließ er seine Studien schließlich fallen und begann, in bekannten Weingütern zu arbeiten. Mit 42 kaufte er sich dann sein eigenes kleines Weingut und bepflanzte es mit Cabernet Sauvignon und Merlot, die er miteinander und mit der in Kalifornien üblichen, einheimischen Rebsorte Petite Sirah verschnitt.

Der Erfolg ließ nicht auf sich warten, und schon sechs Jahre nach dem Kauf seines Weinguts wurde seine Produktion beim berühmten Pariser Wein-Wettbewerb ausgezeichnet. Sein Sieg brachte ihm zwar viel Ärger mit seinen französischen Kollegen ein, die einfach nicht einsehen wollten, dass ein kalifornischer Wein besser sein könnte als ein französischer, doch er überzeugte auch seine kalifornischen Winzerkollegen, dass ein Verschnitt mit Merlot eine gute Idee sein könnte. - So wurde auch in Kalifornien quasi kein sortenreiner Merlot-Wein mehr produziert.

In Frankreich blieb man der Tradition eines verschnittenen Merlot mehr oder weniger treu, bis die junge Generation der Weinmacher aus dem Languedoc auftauchte. Die Jungwinzer waren auf der Suche nach etwas Neuem oder, zumindest, nach etwas, das nicht zu den üblichen Traditionen gehörte. Die niedrige Quantität der Weine im Languedoc nach der Phylloxera hatte sie überzeugt, auf Qualität zu setzen, und nicht auf Quantität. Dazu kam 2004 die Umbenennung von Coteaux de Languedoc zu AOC Languedoc und die Verschärfung der Regeln der AOC-Weine.

Auf der Suche nach anderen Wegen - das heißt auf Wegen, die zu einem guten, qualitativen Wein führen, auch wenn er nicht unbedingt den Normen der AOC entspricht - wurde der sortenreine Merlot wieder entdeckt. Seitdem produzieren viele junge Winzer aus dem Languedoc einen Wein, der alle Tugenden des Merlot in sich vereint: die dunkelrote Robe, sein fruchtiges, weiches Tannin, das sich bei den Merlot-Reben aus warmen Gebieten wie dem Languedoc noch stärker bemerkbar macht als in Regionen wie Bordeaux, wo der Wein mehr Wasser und weniger Sonne genießt.

Copyright: Sandra Winters

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